Karate – Some Boots
Das Presseinfo macht einen Fehler von Freud’scher Dimension, denn da steht im Schlusssatz: Wer sie [Karate] nie richtig gehört hat, wird mit diesem Album endlich wissen, warum. Kicher, auch wenn wohl eigentlich etwas anderes gemeint war, wird hier unfreiwillig die Wahrheit gesagt, denn in der Tat stößt einen Some Boots erst einmal gehörig ab: Die Band, mit der sich die Emo-Core-Gemeinde vergnügt, wenn sie mal ihre Sophistication unter Beweis stellen möchte, vergräbt ihre hübschen Lieder unter einem Übermaß an Musikschulen-Filigranität: The Song is in the Jazzrock-Ocean, sozusagen. Geoff Farinas Gitarrenkurs auf Some Boots umfasst die Sektionen geiler Sound, endloses Solo und Wimmerhaken Bauen. Aber der Schelte genug. Was Karate in Wirklichkeit ausmacht, ist ihre hermetische Eigenheit, ihr absoluter Sonderstatus, der von den Biografien der Bandmitglieder herrührt: Von klein auf Musikunterricht bekommen, dann Punkrocker werden, dann doch Musik studieren und nebenbei trotzdem eine Punk-Band haben. Aus dieser Dialektik und der fast gewaltsamen Zusammenführung beider Lebenspole entsteht bei Karate ein sonderbares Biotop. Nun gibt es miefige Freaks genug, die sich mit ihrem Privatwissen aufs Land zurückziehen. Nur, Karate machen das ganz anders: Sie gehen raus und schaffen es, weite Teile des selbstverliebten, avancierteren Gitarrennachwuchses schlichtweg vom Hocker zu hauen. Zusammengefasst lässt sich sagen: Je tiefer Karate mit den Jahren in sich ruhen, desto großartiger mutet dieser Parallelkosmos einer Band an – und desto, Verzeihung, ungenießbarer wird ihre Musik. Dass dies trotzdem ein Album der Woche ist? Selbstredend! Southern