Ende September wird der Stadtteil St. Pauli wieder mal zum globalen (Musik)Dorf. Vier Tage lang spielen rund um den Hamburger Kiez hunderte von Bands, Künstlerinnen und Künstler. Neben etablierten Clubs sind vor allem die Locations, an denen man sonst keine Live-Musik erleben kann, ein Besuch wert. Schon mal im Schulmuseum in der Seilerstraße ein Konzert gesehen? Oder im Sankt Pauli Museum durch die Decke gegangen? Das Reeperbahnfestival geht ins 14 Jahr und hat 2019 über 900 Programmpunkte am Start. Neben Filme, Ausstellungen, Workshops, Lesungen und Vorträge ist natürlich Livemusik der wichtigste Programmpunkt. Musikalisch wird, wie in den letzten Jahren, auf unzählige Newcomer gesetzt, etablierte Bands müssen mit der Lupe gesucht werden.
Zur musikalischen Orientierung sei wie immer die sehr übersichtliche Reeperbahnfestival-App empfohlen, in der wie gewohnt ausführliche Infos und auch Hörbeispiele zu finden sind. Ansonsten gilt: einfach treiben lassen. Die besten Konzerte sind die unerwarteten. Eine kleine persönliche Auswahl:
Mittwoch 18.09
Mattiel ist Mattiel Brown aus Atlanta. Auf ihren Alben fusioniert sie klassischen Indie-Sound mit LoFi, Garage-Rock und Motown Soul. Das klingt mal nach 90er Gitarren, mal nach 60s Sound, aber dabei immer sehr eigen, was vor allem an ihrer prägnanten Stimme liegt. Könnte der absolute Höhepunkte des diesjährigen Festivals werden! 20:45 Uhr Molotow Backyard / 23:10 Uhr Imperial Theater
Die Sleaford Mods dürften eine der bekanntesten Bands dieses Jahr sein. Das Duo aus Nottingham bringt mit ihrem reduzierten Spoken-Word-Punk die Wut einer ganzen Generation in ihre Songs zum Ausdruck. Live ein Spektakel, aber über die Location müssen wir noch diskutieren, solche Bands spielen eigentlich lieber in kleinen abgelockten Schuppen! 21:00 Uhr Docks
Georgia Barnes tritt einfach nur unter ihrem Vornamen Georgia ins Bühnenlicht. So reduziert aufs wesentliche klingt ihre Musik hingegen überhaut nicht. Die Londonerin lernte in ihrer Kindheit das Schlagzeugspielen – entsprechend perkussiv klingen die Songs ihres Debutalbums Georgia: da gibt es pakistanische Qawwali-Samples neben indonesischen Gamelan-Trommeln und klassischen Trip Hop-Beats und Dub Step-Verweisen. Alle andere Instrumente, inklusive dem Gesang, stammen auch von der talentierten Künstlerin. Vor ein paar Jahren spielte sie schon mal auf dem Festival, jetzt ist sie mit neuem Material zurück. 22:40 Uhr Häkken (sowie Do 23:45 Uhr Mojo Club)
Donnerstag 19.09
Die Musik der Foreign Diplomats klingt nach der typischen skandinavischen Unbekümmertheit a la Friska Viljor. Die 5 Jungs kommen hingegen aus Kanada, haben mit Monami ihr zweites Album sowie ihre jugendliche Unbekümmertheit im Gepäck. 22:50 Uhr Grüner Jäger
Georgia gibt heute eine Zugabe, für alle die sie am Mittwoch verpasst haben. 23:45 Uhr Mojo Club
Goat Girl kommen aus London und gelten als die Band der Stunde. Die vier Musikerinnen singen melodische Popsongs und sparen nicht mit Kritik an den Zuständen in ihrem Heimatland. Das bringen sie in herrlich kurzen Stücken auf den Punkt. Häkken, 0.00 Uhr
Freitag 20.09
The Stroppies kommen aus Melbourne und machen klassischen Jangle-Pop. Mit Mitgliedern von Dick Diver, The Stevens und Boomgates haben The Stroppies ein solides Fundament für ihre endlosen Ideen und einprägsamen Melodien.14:00 Uhr Molotow sowie 20:00 Uhr Headcrash
Tan LeRacoon hat natürlich ein Heimspiel. Obwohl aus Hamburg kommend, erinnert der Sound von Tanju Boerue an den großen Nikki Sudden, gut gemachter Punk-Folk der den alten Schule, dazu tolles Songwriting, herrlich! Sein neues Album Funeral Parade Of Roses sie an dieser stelle noch mal ausdrücklich empfohlen! 19:30 Uhr Knust
Hinter Lydmor verbirgt sich die Dänische Sängerin Jenny Rossander. Wer ihr furioses Claudia gehört hat, wird sie lieben oder hassen, aber zumindest sprachlos sein. 22:20 Uhr Stankt Pauli Museum
Bei den Schotten von We Were Promised Jetpacks finden Indie, Pop und Post-Punk zusammen. Von den Jungs mit den Raketenrucksäcken ist zwar länger nichts mehr zu hören gewesen, ihre ersten beiden Alben These Four Walls und In the Pit of the Stomach sollten aber allen Gourmets der stürmischen Indie-Gitarre zufrieden stellen. 22:50 Uhr Uebel & Gefährlich
Camilla Sparksss ist der Künstlername von Barbara Lehnhoff, ansonsten auch Mitglied des Art-Punk Duos Peter Kernel. Auf ihrem Album Brutal geht es elektronisch zu, mal sehr düster und bass-lastig, dann wieder orientalisch oder mit New Wave-Beats. Man darf sich auf Kontraste und Extremes freuen.0:10 Uhr Häkken
Samstag 21.09
Botschaft. Bescheuerter Bandname, denkt man zumindest zuerst. Aber das ging mir damals bei Die Regierung genauso, und auch da wurde ich eines Besseren belehrt. Die fünf Hamburger machen ihrem Debüt Musik Verändert Nichts sehr intelligenten Pop, irgendwo zwischen Fast Weltweit und Prefab Sprout, Musik die tief berührt. 21:15 Uhr Hanseplatte
Sebadoh haben vor genau 30 Jahren mit The Freed Man ihr Debütalbum veröffentlicht und damit die Blaupause für LoFi-Indie-Rock vorgelegt. Ihr neuntes Album Act Surprised ist vor ein paar Wochen erschienen. Der Sturm und Drang der Jugend ist zwar verblasst, live sind die Drei um Lou Barlow aber immer noch eine Bank. 22:10 Uhr Uebel & Gefährlich